In mancher Hinsicht ist es schön, nicht mehr so jung zu sein. Denn als ich das erste Mal ein Spiel des 1. FC Köln live im Stadion erlebte, hieß dieses noch Müngersdorfer Stadion, war ein weites Rund und kein eckiges Schmuckkästchen. Und der Effzeh war eine der Topmannschaften Deutschlands.
Unser Trainer war niemand anders als Christoph Daum, der damals seinen Beinamen „Messias“ noch völlig zu Recht trug und ich glaubte tatsächlich noch, er würde uns und den Effzeh ins Paradies zu führen. Die Jünger beziehungsweise Spieler hatte er dafür.
Bodo Illgner stand im Tor und widerlegte immer wieder den Begriff „unhaltbar“.
Unsere Abwehrrecken Paul Steiner und Jürgen Kohler hätten mit Ihren Schienbeinen Stahlplatten zertrümmern können, setzten ihre Superkräfte aber für das Gute ein. An Ihnen kam entweder der Gegner vorbei, oder der Ball. Aber niemals beide.
Im Mittelfeld zauberten Pierre Littbarski und Icke Häßler ihren Gegnern Knoten in die Beine. Wenn sie nicht gerade durch diese Beine hindurchliefen. Wahrscheinlich fand ich die beiden auch deshalb so toll, weil nicht größer waren als ich damals als Kind.
Im Sturm hatten wir Kaliber wie Falko Götz und Flemming Povlsen. Der Falko war zwar schöner, den Flemming mochte ich irgendwie lieber. Tore schießen konnten sie beide. Am Ende getroffen hat aber Thomas Allofs, doch dazu später.
Gegner bei meinem ersten Mal war übrigens der VFL Bochum und ich muss ungefähr zehn Jahre alt gewesen sein. Tatsächlich fand das Spiel am Dienstag den 16.08.1988 statt. Gut, dass im Internet weniger verloren geht, als in meinem Gedächtnis.
Ich war also, wie ich es damals wohl bezeichnet hätte „schon fast zwölf“.
Erstaunlicherweise begann das Spiel in der Woche um 20:00 Uhr und meine Eltern erlaubten mir den Stadionbesuch trotzdem.
(kurzes googlen ergab: es waren Sommerferien. Alles andere hätte mich bei meinen Eltern auch gewundert.)
Weder den späten Termin noch die Ferien hatte ich noch auf dem Schirm. Was vermutlich daran liegt, dass es schon über 25 Jahre her ist. Auch sonst stimmen meine Erinnerung und die Fakten nur bedingt überein.
In meiner Erinnerung hatten sich ungefähr vier Millionen Zuschauer ins Müngersdorfer Stadion gequetscht. Unglaubliche Menschenmassen jedenfalls. Nicht wie bei den ASV-Sportfesten, die ich als Kind im Stadion besucht hatte. An jenem Dienstag im Jahr 1988 merkte ich, wem dieses Stadion wirklich gehörte. Dem einzigartigen 1. FC Köln. Da war kein freundlicher respektvoller Applaus wie bei der Leichtathletik. Das waren echte Emotionen. Das Stadion kochte, war bis zum letzten Platz gefüllt und stand wie ein Mann hinter seinem Team.
In meiner Erinnerung.
In der Realität verirrten sich laut Internet gerade einmal 18.000 Zuschauer ins weite Rund des damals noch über 60.000 Fans fassenden Müngersdorfer Stadion. Ich bin mir aber sicher, dass der vier Meter große Hooligan hinter uns auch in der Realität mit ungefähr 400 Schals behangen war und Tim Wiese gegen ihn wie eine Primaballerina ausgesehen hätte. Von diesem Ungetüm lernte ich viele neue Schimpfwörter und dass grundsätzlich jede Mutter eines Spielers der gegnerischen Mannschaft im horizontalen Gewerbe tätig war. Was das tatsächlich bedeutete, würde ich erst später in meinem Leben wirklich verstehen. Aber ich lernte an diesem Tag außer unflätigen Ausdrücken auch etwas sehr wichtiges.
Steh zu 100 Prozent hinter Deiner Mannschaft!