Auswärtspunkt? Unterzahl? Nicht für den 1. FC Köln, aber für mich.
Im Selbstexperiment habe ich das Spiel nämlich in Leverkusen gesehen. Also auswärts. Und zwar nicht allein, sondern mit Leverkusenfans. Die gibt es tatsächlich und sind eigentlich ziemlich nett.
Wir sitzen zu dritt auf dem Sofa. Die Stimmung ist also vergleichbar mit der in der Bye-Bye-Arena.
Die beiden anderen sind Fans der Pillen, daher bin ich in Unterzahl.
Der erste Sieg geht trotzdem an mich. Es gibt Kölsch. Was auch sonst? Etwa Leverkusenerisch?
Bald geht es los.
Die Hymne wirkt erstaunlich leise, die Leverkusener Fans erstaunlich laut.
Liegt das an den Mikrofonen von Sky oder an den leeren Blöcken der Südtribüne und der fehlenden Ultraunterstützung? Was es auch ist, mir ist es vor den Leverkusenern peinlich. Muss man doch realistisch zugeben, dass der Effzeh den Pillen momentan vor allem außerhalb des Platzes Paroli bieten kann. Oder zumindest sollten wir das können.
Dann wird gespielt.
Leverkusen spielt nicht gut, wirkt aber überlegen. Trotzdem passiert erst einmal nicht viel. Erste Aufregung bei uns in der 25 Minute. Son fällt im Strafraum und der Schiri pfeift. Nur was? Wir haben alle nicht hingeschaut, aber unparteiisch wie wir sind, fordern zwei sofort Elfmeter, während ich mich sicher bin, dass es eine Schwalbe war. Ich habe Recht und nach der Zeitlupe gibt es keine Gegenmeinung. Dann kehrt wieder Ruhe ein.
Bis zur 41. Minute. Diesmal waren wir alle aufmerksam. Und wir sind uns alle sicher.
Zwei schreien: Klarer Elfer!
Einer: Schwalbe, aber sowas von!
Wieder behalte ich recht, was die beiden anderen nach der Zeitlupe auch ohne zu zögern zugeben. Schiedsrichter Aytekin hat keine Zeitlupe und entscheidet wie ein Leverkusener. Nach dem nicht gegebenen Elfer im Hinspiel jetzt das?
Egal, Leverkusen hat die Schiedsrichter und wir Timo Horn. Klasse Parade, auch wenn man zugeben muss, dass Hakan Calhanoglu einen ruhenden Ball wohl nur ins Tor kriegt, wenn mindestens eine Mauer im Weg steht. Pause, Mundabwischen und neues Kölsch holen.
In der zweiten Hälfte erstmal nichts Neues. Beim Effzeh probiert es immer wieder Risse, Leverkusen zeigt nicht gerade ernsthaften Drang und Qualität, sich für die Champions League zu qualifizieren. Dann trifft auf einmal der eingewechselte Julian Brandt. Nicht direkt aus dem Nichts, aber auch kein Tor, das sich angebahnt hatte. Einfach gut gemacht. Meine zwei fehlgeleiteten Sofanachbarn jubeln, sind aber aus mir unerklärlichen Gründen pessimistisch. Bald merke ich warum.
Der 1. FC Köln drückt. Zählbares kommt nicht dabei herum, dafür Konterchancen für die Pillen. Zum Glück haben sowohl Bellarabi als auch Calhanoglu einen rabenschwarzen Tag erwischt. Und dann hilft erstaunlicherweise auch noch Aytekin. Das war niemals ein Stürmerfoul von Bellarabi an Brecko in der 69. Minute. Kann man natürlich trotzdem pfeifen, weil es gegen Leverkusen geht. Sehen zwei andere auf dem Sofa erstaunlicherweise nicht so unparteiisch wie ich. Wichtig ist, dass kein Tor fällt. Denn ein null zu zwei, und da sind wir uns ausnahmsweise einig, würde das Spiel entscheiden.
Stattdessen in der 83. Minute Risse (wer sonst) auf Ujah, der leitet per Kopf weiter auf El Barto Finne und der vollstreckt so kühl wie sein Heimatland. Ganz großes Kino. Schweigen neben mir auf dem Sofa. Erstaunlicherweise will niemand mit mir abklatschen.
Ebenfalls überraschend. Scheinbar ist der 1. FC Köln jetzt mehr am Sieg interessiert als Bayer Leverkusen. Vor allem Risse, der es sogar mal von der Mittellinie probiert.
Doch es bleibt beim Unentschieden. Damit haben die Pillen Platz vier sicher und wir wohl nur noch rechnerisch mit dem Abstieg zu tun.
Zumindest auf dem Kölner Platz und dem Leverkusener Sofa endet das Spiel also schiedlich und friedlich unentschieden. Das fühlt sich zumindest für mich fast wie ein Sieg an. Beim nächsten Mal möchte ich das aber wieder mit jemandem genießen, der sich mit mir freut.
Foto: © Herbert Bucco / upgradecologne.de