Holger „Stani“ Stanislawski ist ab Morgen nicht mehr Trainer des 1.FC Kölns.
„So eine Scheiße!“ Das war mein erster Gedanke, der mir nach dem Lesen der Express-Eilmeldung durch den Kopf ging! Und kurz danach: „Das kann er doch nicht machen!“ um mir nur wenig später nach dem Absetzen der rot-weißen FC-Brille selber eingestehen zu müssen: „Doch, er kann!“ Er musste es eigentlich sogar machen, es ist nur logisch!
Warum?
Als unser Fußballclub vor etwas mehr als einem Jahr den jungen, ambitionierten und offensiv denkenden Trainer Holger Stanislawski verpflichtete, da erhoffte man sich durch diese Verpflichtung eine Aufpolierung des angestaubten Images um eben diese Eigenschaften, die man dem neuen Trainer zuschrieb.
Holger Stanislawski sollte nach einem gemeinsam mit dem Vorstand aufgestellten, langfristig angelegten Masterplan, den ersten Fußballclub Köln, wieder zu neuem nationalen wie internationalen Ruhm führen.
Eines war neu: Der Club nahm nicht – wie Generationen von unfähigen Präsidien zuvor – zweistellige Millionenbeträge in die Hand. Mal ganz abgesehen davon, dass dies aufgrund der hohen Verschuldung des Clubs auch gar nicht anders möglich gewesen wäre, schien die Langfristigkeit und die Konstanz, mit der der Verein mit dem Geißbock im Wappen den Neuanfang plante, ein zumindest für den ersten Fußballclub Köln innovatives und viel versprechendes Konzept zu sein. Doch nach nur einem Jahr „Neuanfang“ steht der Club nach Stanis Rückzug vor einem neuen Neuanfang.
Stanislawski wusste, worauf er sich in Köln einlässt, weil der Verein – im Gegensatz zu früher – endlich einmal mit offenen Karten spielte und den Masterplan im Rahmen der gesteckten Grenzen mit dem Trainer gemeinsam aufstellte. Eine feste Größe, die nach Möglichkeit auf lange Zeit nicht verändert werden sollte, war in diesem Plan der Trainer, der nun das Handtuch wirft, weil:
- er in diesem – wie er selber sagt, geilsten Club nach dem FC St. Pauli – keine Zukunft für sein Fußballkonzept und – wahrscheinlich auch – den selber aufgestellten Masterplan sieht,
- er keine Chance sieht, die im Konzept vorgesehenen Einbindungen junger Perspektivspieler aus der eigenen Jugend, auch wirklich zu realisieren, da die Nachwuchsabteilung ab der kommenden Saison in der fünftklassigen NRW-Liga kickt,
- die finanzielle Situation des Vereins auf lange Sicht dazu führen wird, dass Spieler wie Christian Clemens oder Timo Horn, für „kleines Geld“ den Verein verlassen werden (müssen) und auch hier alles andere als Konstanz gegeben sein wird,
- er die Entwicklungsmöglichkeiten seiner Person realistisch eingeschätzt hat und zu dem Schluss kam, dass sein eigener Marktwert bei einem weiteren Jahr in Köln ähnlich wie die Chancen auf einen Wiederaufstieg in der nächsten Saison drastisch sinken werden und
- weil in Köln – das ist immer so gewesen und wird sich aller Voraussicht nach nie ändern – Anspruch und Wirklichkeit so eklatant weit auseinander liegen, dass seriöses Arbeiten nur schwer möglich ist!
Holger Stanislawski ist Realist und letztendlich auch an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert. Er konnte der Mannschaft nie den Stempel aufdrücken, den er ihr gerne aufdrücken wollte, ein wirkliches System war nur in wenigen Spielen zu erkennen.
Man kann ihm die Entscheidung, den meiner Meinung nach vor dem FC St. Pauli geilsten Club der Welt, zu verlassen nicht verübeln. Sie ist logisch, gut nachvollziehbar und konsequent.
Den FC-Verantwortlichen wurde schonungslos vor Augen geführt, dass die Marke 1.FC Köln alleine eben nicht mehr die Anziehungskraft besitzt, die die im Keller des Geißbockheims zufällig gefundenen Pokale aus angestaubten Zeiten vorgaukeln. Die Trainersuche wird schwierig. Man möchte sich wünschen, dass der Vorstand, aber auch die Fans – mich eingeschlossen – endlich anfangen, kleine Brötchen zu backen und begreifen, dass von den großen Jahren des FC noch nicht einmal mehr der Name geblieben ist, mit dem Spieler und namhafte Trainer zum Geißbockheim gelotst werden konnten.
Was uns allen gut zu Gesicht stände, ist ein wenig mehr Bescheidenheit und ganz viel Ausdauer, denn es wird ein paar Jahre dauern, bis man in Köln Müngersdorf (oder am Aachener Tivoli?) wieder Bundesligafußball zu sehen bekommen wird.
Foto: © Ede Bopp / www.ligafoto.de