Man schrieb den 24. März 1965, als Schiedsrichter Schaut eine Münze in die Luft warf. Erstaunlicherweise ging es nicht um die Seitenwahl und der Münzwurf fand auch nicht vor, sondern nach dem Spiel statt. Letztlich war es das Ende einer langen und dramatischen Geschichte, wie sie nur der Fußball schreiben kann. Mit Wolfgang Weber als tragischem Helden und dem 1.FC Köln als ebenso tragischen Verlierer.
Jener 1.FC Köln spielt im Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister. 20.000 Kölner Fans unterstützen ihren Verein in Rotterdam gegen den FC Liverpool. Nur warum fand dieses Spiel zwischen dem 1.FC Köln und den Reds aus Liverpool weder in Müngersdorf noch an der Anfield Road statt? Aus gutem Grund, denn in beiden Stadien war schon gespielt worden.
Begonnen hatte das Drama mehr als einen Monat zuvor in Müngersdorf. Das Hinspiel zwischen Köln und Liverpool endete torlos. Jetzt sollte an der Anfield Road die Entscheidung fallen. Doch diese zögerte sich hinaus. Nicht nur, dass das eigentlich für den 24. Februar angesetzte Rückspiel wegen heftigen Schneefalls verschoben worden musste. Als das Spiel am 17. März endlich stattfand, endete auch dieses Spiel torlos, was die Kölner vor allem ihrem Torhüter Anton „Toni“ Schumacher verdankte. Jener legendäre Torwart dem mit dem Tünn, der eigentlich Harald heißt, eine weitere kölsche Legende seinen Spitznamen verdankt.
Doch zurück zum Europapokal. Wie damals üblich setzte die UEFA ein Entscheidungsspiel an, das eine Woche später auf neutralem Boden in Rotterdam stattfand. Nach gut einer halben Stunde lag der 1.FC Köln bereits mit 0:2 zurück und hatte einen Mann weniger auf dem Feld. Grund war keine rote Karte, sondern die Verletzung von Wolfgang Weber. Damals durfte noch nicht gewechselt werden und Weber befand sich nach einem Zusammenprall mit Gordon Milne zur Behandlung in der Kabine. Offensichtlich bemerkten die Mannschaftsärzte dabei nicht, dass Wolfgang Webers Wadenbein angebrochen war und versuchten ihn mit Hilfe einer schmerzstillenden Spritze wieder einigermaßen spielfähig zu machen. Ganz sicher waren sie sich ihrer Diagnose aber offensichtlich nicht, denn sie ließen Wolfgang Weber als Belastungstest von der Massagebank springen.
Weber sprang und das Wadenbein brach endgültig.
Man könnte meinen, diese Geschichte wäre hier zu Ende, doch man wird nicht zum Helden, weil man verletzt ausscheidet. Man wird zum Helden, weil man die Zähne zusammenbeißt, ein gebrochenes Wadenbein verschweigt und tatsächlich in der zweiten Halbzeit wieder aufläuft. Nach eigener Aussage:
Damit wir wenigstens mit zehneinviertel Mann dagegen halten konnten. Wolfgang Weber auf die Frage, warum er mit gebrochenem Wadenbein weiterspielte.
Mit einem gebrochenen Wadenbein, dass muss man sich mal vorstellen. Dagegen wirken Hans Sarpei, Chuck Norris und auch Uli Borowka selbst in seinen besten Zeiten wie Mädchen. Umso erstaunlicher ist das für mich, weil ich Wolfgang Weber bei diesem Event einmal kennenlernen durfte und selten so einen sympathischen und bescheidenen Menschen getroffen habe. Deswegen ist er in meinen Augen allerdings nur ein noch größerer Held.
Während Weber in der Kabine behandelt wurde, hatte der 1.FC Köln den Anschlusstreffer erzielt. Auch die zweite Hälfte fing gut an. In der 49. Minute gelang Hannes Löhr der Ausgleichstreffer zum zwei zu zwei. Danach hatte Köln noch mehrere Chancen, selbst der sich eigentlich nur über den Platz schleppende Wolfgang Weber hatte zweimal die Möglichkeit den Siegtreffer zu erzielen. Weil eben dieser nicht gelang, ging das Drama in die Verlängerung, wenn auch noch immer nicht in den letzten Akt.