Kölsche Ziege: Du kommst ja, genau wie wir von der Schäl Sick. Dein erster Verein war sogar direkt bei uns um die Ecke der TuS Höhenhaus. Hast Du daran noch eine Erinnerung?

Marcel Risse: Es ist zwar lange her, ich war gerade fünf Jahre alt, aber ich kann mich noch erinnern. Ich wollte damals mit dem Fußball anfangen und mein Vater hatte persönliche Kontakte zum TuS Höhenhaus. Es war eben auch in der Nähe und hat prima gepasst.

Jetzt warst Du für Kölner Verhältnisse schon auf der falschen Rheinseite und bist dann auch noch zum falschen Verein gewechselt.

Ich würde die Schäl Sick nie als falsche Seite bezeichnen.Schließlich ist das auch mein Köln und gehört zur Stadt dazu.

Ich bin ich dort geboren und für mich ist Schäl Sick Heimat.Marcel Risse

Für uns auch. Es bleibt aber der Wechsel zum falschen Verein. Wie ist es dazu gekommen?

Ganz einfach, Bayer hat damals bei uns, also bei den Bambinis in Höhenhaus gesichtet, haben mich schon mit sechs zum Probetraining eingeladen und meinem Vater auch gleich noch einen Trainerjob angeboten. Ich wollte damals einfach nur Fußball spielen und dafür gab es in Leverkusen sehr gute Bedingungen.

Ganz abgesehen von Sympathien muss man ja zugeben, dass man dort was von Fußball versteht.

Ohne Frage. Ich würde auch nie etwas Schlechtes über den Verein sagen. Ich bin sehr dankbar, dass ich dort spielen durfte. Ohne die Ausbildung bei Bayer Leverkusen wäre ich wohl heute auch nicht hier.

Du kamst ja nicht direkt nach Köln, sondern gingst erst nach Nürnberg, dann nach Mainz und dann erst nach Köln. Dein Berater Volker Struth hat Dich mal gefragt, bei welchem anfragenden Verein Ihr eine Flasche Schampus aufmachen würdet.

(lacht) Ja, das war kurz nach meinem Einstieg als Profi. Mein Berater war doch etwas überrascht, dass ich nicht Liverpool oder Madrid, sondern Köln gesagt habe.

Marcel Risse vom 1. FC Köln im Interview mit der Kölschen Ziege

Ganz ehrlich. Hättest Du Dich weniger gefreut, wenn Barcelona oder Manchester United angefragt hätten?

Gute Frage. Aber ich muss dazu ja auch sagen, dass der Wechsel nach Köln auch ein Stückweit von meiner Seite ausging. Für mich schien es der passende Moment zu sein und auch Köln hatte Interesse. Wir waren uns dann ziemlich schnell einig.

Schön, dass es so gekommen ist.

Das finde ich auch.

In Köln angekommen hat dann offenbar erstmal alles perfekt funktioniert. In der letzten Hinrunde hast Du mehr als doppelt so viele Tore geschossen, wie in Deiner gesamten vorherigen Karriere.

(grinst) Ja, es lief für mich und die Truppe sehr gut!

Hast Du dafür eine Erklärung?

Ganz wichtig für mich war das Vertrauen von Trainer und Mannschaft, dass ich so noch nie in meiner Karriere gespürt habe. Ich wusste, ich war ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft und wollte das bestätigen. Klar habe ich dann auch mal ein wenig Glück gehabt. Und wenn man erstmal ein paar Fernschüsse reingemacht hat, hat man auch genug Vertrauen, für die nächsten.

Fußball besteht ja nicht nur aus Toren. Was war der tollste Moment Deiner Karriere?

Ganz klar, mein erstes Bundesligaspiel. Ich werde nie vergessen, wie ich mich da gefühlt habe. Darauf hatte ich meine ganze Jugend hingearbeitet und dann spielst Du auf einmal vor so vielen Leuten. Auch wenn wir damals verloren haben, war es für mich ein großartiger Moment.

Als Fußballer bist Du ja vermutlich auch Fußballfan. Was war der größte Moment, den Du als Fan erlebt hast?

Das war ich glaube im Jahr 2000. Der 1.FC Köln war jedenfalls auswärts aufgestiegen und ich bin mit meinem Stiefvater zum Flughafen gefahren, um die Mannschaft zu begrüßen. Für mich als Kind und Fan ein unglaubliches Erlebnis.

Wie ist es dann, wenn man einige Jahre später auf der anderen Seite steht?

Genau das habe ich mir damals als Kind ja gewünscht. Dass dann gleich in der ersten Saison alles so klappt war natürlich einfach nur fantastisch.

Bleiben wir mal beim Fansein. Wie sieht man als Fußballer ein Spiel wie Deutschland – Brasilien?

Wir haben das Spiel mit der ganzen Mannschaft gesehen. Beim ersten und zweiten Tor haben wir uns riesig gefreut, beim dritten, vierten, fünften wurde es dann richtig laut. Aber so richtig konnten wir das Ergebnis gar nicht fassen. Nach dem fünften Tor haben mir die Brasilianer aber auch etwas leidgetan. Die hatten ohnehin schon den Druck Weltmeister zu werden und wurden dann am Ende vom eigenen Publikum ausgepfiffen. Sowas sollte nicht sein und würde es glaube ich in Deutschland nicht geben. 2006 ist die deutsche Mannschaft ja auch im Halbfinale ausgeschieden und wurde trotzdem gefeiert. Die Pfiffe waren, glaube ich, für die Brasilianer noch schlimmer als das Ergebnis. Ich bin auch schon ausgepfiffen worden uns das sind wirklich ganz bittere Momente. Denn man verliert ja nicht mit Absicht.