Mehr Punkte und eine größere taktische Variabilität
Eine Sommerpause voller Fußball (Europameisterschaft, Olympia) geht vorüber und der Fußballalltag hat uns spätestens mit den Spielen im DFB-Pokal der letzten Woche wieder. Es ist also an der Zeit sich wieder näher mit unserem FC zu befassen.
In meinem letzten Beitrag vom 11.06.2016 habe ich beschrieben, wieso der FC meiner Ansicht nach „bereit für den nächsten Schritt“ ist. Voraussetzung hierfür seien das Zusammenhalten des Mannschaftsgerüsts und eine größere taktische Variabilität.
Die Transferperiode verlief bislang optimal. Das Gerüst des Teams konnte zusammengehalten werden und der Kader durch solide und/oder interessante Neuzugänge erweitert werden. Zudem hat das Trainerteam um Stöger – wie im letzten Beitrag vermutet – in der Sommerpause an taktischen Alternativen gearbeitet.
Soweit aus den Testspielen erkennbar war galt taktisch das Augenmerk einem 3-5-2. Obwohl die Testspiele recht erfolgreich verliefen, war die Umsetzung des 3-5-2 noch zu fehlerbehaftet. Wie bereits in den letzten Spielzeiten, als in den jeweiligen Trainingslagern Alternativen zum standardmäßigen 4-2-3-1 getestet wurden, tut sich unser FC sichtlich schwer neue taktische Varianten umzusetzen. Es wäre daher wünschenswert, wenn auch im Laufe der Saison die Alternativen zum 4-2-3-1 oder 4-4-2 solange trainiert werden, bis sie verinnerlicht sind. Manchmal brauchen die Spieler eben mehr Zeit, aber diese Zeit sollte zwingend investiert werden, das erscheint mir für den nächsten Schritt alternativlos. Im Moment würde unser FC gegen die meisten Bundesliga-Kontrahenten im bisher vorgetragenen 3-5-2 massive Probleme bekommen, erst recht, wenn der Gegner das Tempo anzieht.
Wieso ist diese taktische Variabilität nun so wichtig? Unser FC ist taktisch durchschaubar. Je öfter der FC beobachtet wird, desto mehr Schwächen fallen auf. Folglich wird es für die gegnerischen Teams immer leichter sich auf den FC einzustellen. Besitzt der FC dann nicht eine viel höhere individuelle Klasse als sein jeweiliger Gegner, dann werden die Spiele immer komplizierter werden, sprich es wird immer schwieriger die jeweiligen Gegner zu besiegen, da man während eines Spiels permanent reagieren muss und immer weniger selbst agieren kann (gelingt es dem Gegner die Schwachpunkte zu nutzen und wird der FC hierdurch gezwungen permanent zu reagieren, dann wird es umso schwieriger aktiv die eigenen Stärken auszuspielen). Es liegt in der Natur einer Taktik, dass diese früher oder später entschlüsselt wird. In der Regel eher früher. Das spanische Tiqui-taca, das erst nach etwa 6 Jahre endlich vollumfänglich verstanden und entschlüsselt werden konnte war da eine einzigartige Ausnahme, die auch deshalb zur einzigartigen Ausnahme wurde, weil die Interpreten eine herausragende individuelle Klasse besaßen und sie immer wieder neue kreative Lösungen auf dem Feld fanden, auch wenn ein Gegner dem Tiqui-taca etwas entgegen zu setzen hatte. Es ist daher sicher auch kein Zufall, dass das Ende der Vormachtstellung des Tiqui-taca mit dem personellen Umbruch der spanischen Nationalmannschaft einhergeht. Dem Tiqui-taca konnte man schwer entgegentreten, aber eben auch deshalb, weil Spanien über individuell herausragende Fußballer verfügte. Mit ihrem Austritt oder Karriereende hinterließen sie in der Nationalmannschaft ein Loch, welches Spanien in Ermangelung ähnlicher herausragender Akteure bislang nicht stopfen konnte. Wer weiß, wie lange Spaniens Erfolgsserie dank des Tiqui-taca weiter angehalten hätte, wenn ein Xavi und ein Iniesta weiter gemeinsam hätten spielen können ohne altern zu müssen.
Aber nun zurück zu unserem FC: Bislang gab es in der Ära Stöger/Schmadtke eine kontinuierliche sportliche Weiterentwicklung. Damit diese Weiterentwicklung voranschreitet muss das Team taktisch flexibler werden, ohne Wenn und Aber. Geschieht dies nicht, wird es einen sportlichen Rückschritt geben. Meine Prognose lautet daher: Gelingt die taktische Weiterentwicklung, so wird unser FC die 43 Punkte der Vorsaison ausbauen und sich bei ca. 50 Punkten einpendeln. Ob dies dann für einen Europa League-Platz ausreichen wird, wird sich dann zeigen, aber der Erfolg sollte nicht mit dem Erreichen eines Europapokalplatzes definiert werden, da das Erreichen eines solchen Platzes auch von der Kaderstärke der anderen Vereine abhängt. Zurzeit sehe ich neben Bayern München, Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach, auch Bayer Leverkusen, den FC Schalke 04 und den VfL Wolfsburg besser aufgestellt. Wenn einer dieser Klubs schwächeln sollte, dann könnte unser FC jedoch mit ca. 50 Punkten davon profitieren. Gelingt die taktische Weiterentwicklung jedoch nicht, dann wird es einen Rückschritt geben und der FC wird gar Mühe haben 38-40 Punkte zu erreichen.
Ich traue unserem FC eine tolle Saison zu, aber meiner Einschätzung nach wird diese eben nicht nur von der Einstellung und der Leistungsbereitschaft eines jeden abhängig sein, sondern eben auch von einer gewissen Unberechenbarkeit auf dem Platz. Das Gerüst des Kaders ist seit Jahren zusammengewachsen und eingespielt, der Kader wurde kontinuierlich in seiner Breite optimiert, die Spieler haben bereits letztes Jahr bewiesen, dass sie mit Drucksituationen umgehen können und sie sich vor keinem verstecken müssen. Zudem hat der Verein mit guten Strukturen sportliche und wirtschaftliche Weichen für eine bessere Zukunft gestellt. Auf dieser Grundlage ist es nun nicht mehr nur „genug“ den Klassenerhalt anzupeilen, sondern es muss der nächste Schritt gemacht werden. Daher sollte das Leitmotiv für die kommende Saison lauten: Nicht stehen bleiben!
In diesem Sinne, come on FC!