Es widerstrebt mir eine reine Bilanz auf die Saison 2015/16 zu ziehen, weil diese in ihrer Aussagekraft nicht nur ansatzweise wiedergeben könnte, was sich in den letzten Jahren in Köln entwickelt hat. Taktisch gesehen agiert unser FC trotz der Fortschritte gegenüber 2014/15 eher unflexibel. Getreu dem Motto „lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“ konzentriert sich der FC auf das was es kann in der Hoffnung die Fehlerquote auf ein Minimum zu reduzieren und wagt sich eher selten an neue taktische Varianten, die zwangsläufig zu einer höheren Fehlerquote führen, da neue Varianten eben nicht eingespielt sind. Andere Teams sind da durchaus mutiger und versuchen sich durch taktische Variabilität einerseits besser auf die Gegner einzustellen und selbst andererseits unberechenbarer zu bleiben. Unser FC dagegen nimmt es in kauf berechenbar zu sein und versucht von vornherein über die mannschaftliche Geschlossenheit und Kompaktheit auf dem Platz diese Berechenbarkeit auszugleichen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn es funktioniert und im Moment funktioniert es. Das Trainerteam um Stöger wird die kommende Vorbereitung jedoch sicher auch dazu nutzen, sich taktisch weiter zu entwickeln und was Neues einstudieren. Man darf gespannt sein…

Die positive Entwicklung der letzten Jahren sind ein Hauptverdienst von Werner Spinner, Jörg Schmadtke, Jörg Jakobs, Alexander Wehrle und Peter Stöger (Reihenfolge zufällig gewählt!). Diese Personen sind hauptverantwortlich für die sportliche und finanzielle Stabilität der letzten Jahre. In dieser Phase der sportlichen und finanziellen Konsolidierung stechen besonders vier Merkmale hervor, die die positive Entwicklung unseres FC´s möglicherweise am besten begründen:

  1. Beständigkeit

Der Blick auf 3 Aufstellungen der letzten 3 Jahre zeigt eindrucksvoll, dass die Söldnerjahre beim  FC vorbei sind. Es wird auf Beständigkeit gesetzt. Der FC hat wieder ein Gerüst, um welches Saison für Saison an einer Mannschaft gebastelt wird, die unseren FC auch sportlich weiterbringt.

3 Aufstellungen der letzten Jahre

2. Bundesliga, 1. Spieltag (20.07.2013)
Dynamo Dresden-1. FC Köln  1:1
Horn, Brecko, Maroh, Golobart, Hector, Matuschyk, Risse, Jajalo (77. Lehmann), Gerhardt (68. Halfar), Bröker, Ujah (83. Exslager).
1. Bundesliga, 1. Spieltag (23.08.2014)
1. FC Köln-Hamburger SV  0:0
Horn, Brecko, Maroh, Wimmer, Hector, Matuschyk, Lehmann, Risse (79. Olkowski), Osako (62. Vogt), Halfar, Ujah.
1. Bundesliga, 31. Spieltag (23.04.2016)
1. FC Köln-SV Darmstadt 98  4:1
Horn, Sörensen (79. Olkowski), Maroh, Mavraj, Mladenovic (46. Heintz), Lehmann, Hector, Risse, Gerhardt (70. Jojic), Osako, Modeste.

Horn, Maroh, Hector, Lehmann und Risse standen in allen 3 Partien auf dem Platz und bildeten letzten Endes auch das Gerüst der letzten Jahre. Um diese Spieler herum wurden zumeist junge und entwicklungsfähige Spieler geholt und eingesetzt, was uns zu Punkt zwei bringt…

  1. Transferpolitik

Junge und entwicklungsfähige Spieler wurden nicht nur mit dem Ziel geholt den FC sportlich weiterzubringen; diese Spieler sollten bestenfalls über die Weiterentwicklung Ihre Marktwerte steigern und dem FC bedeutende Gewinne aus Transfererlösen bringen, was uns zu Punkt 3 bringt…

  1. Finanzielle Gesundung

Neben den Maßnahmen im Hintergrund (Umschuldung, Sponsorenverträge u.a.), ist der sportliche Bereich ein wichtiger Faktor, um den Verein finanziell wieder gesunden zu lassen. Hierfür sind im Moment (und sicher auch noch auf Jahre hinaus) Einnahmen aus dem internationalen Geschäft nicht von Bedeutung, so dass eine Teilnahme am internationalen Geschäft höchstens ein „Extra“ darstellen würde. Die Teilnahme an einem internationalen Geschäft lässt sich nicht beliebig planen und beeinflussen. Ein viel wichtigerer Bestandteil finanziell zu gesunden ist jedoch das Vorhandene zu optimieren und dazu gehört nun mal auch, die Marktwerte der Spieler zu optimieren und diese Spieler dann im Interesse des Vereins gewinnbringend zu verkaufen. Das hierzu höchste sportliche Kompetenz Voraussetzung ist, liegt auf der Hand, aber diese Kompetenz haben Schmadtke, Stöger und Jakobs durchweg durch Ihre Handlungen bestätigt, was uns zu Punkt 4 bringt…

  1. Ruhe im Umfeld

Die Zeiten, in denen Medien und Fans bei kleinsten Erfolgen in Euphorie verfallen oder andersherum bei kleinsten Misserfolgen in Panik geraten sind vorbei. Die o.g. Personen haben sich durch die Emotionen im Umfeld nicht beirren lassen und haben mit ihrer konstruktiven Art und ihren kompetenten Handlungen es geschafft Vertrauen bei Medien und Fans aufzubauen, was zu einer schon vergessenen Ruhe in Köln geführt hat. Und diese Ruhe sorgt letzten Endes dafür, dass alle handelnden Personen, ob Spieler oder Funktionäre, effektiv an ihrer eigenen und/oder an der Weiterentwicklung des Vereins arbeiten können, was uns wieder zu Punkt 1 bringt und so den Kreis schließt.

In der letzten Saison gab es immer mal wieder Phasen, in denen es nicht so lief. In einigen Medien wurde gleich von „Krise“ gesprochen, doch unser FC war meines Erachtens zu keinem Zeitpunkt in einer „Krise“. Vielmehr wurden viele Spieler „Opfer der Langeweile“. Solange die selbstgesteckten (Etappen-)Zielen nicht erreicht sind, sind innere Anspannung, Aufmerksamkeit und bestenfalls der „Hunger“ nach Erfolg gegeben. Sind die (Etappen-)Ziele jedoch erreicht und werden die weiteren (Etappen-)Ziele nicht nach oben angepasst, so lässt die innere Spannung nach. Dies ist nur allzu menschlich. Die Leistungsbereitschaft ist im Normalfall am höchsten, wenn erreichbare Ziele noch nicht erreicht sind. Denn werden diese Ziele zu schnell und zu leicht erreicht, sinkt die Motivation und mit ihr die Bereitschaft sich zu „quälen“. Denn die Ziele sind eben leicht und man weiss, dass sie irgendwann erreicht werden. Also warum sich selbst mehr stressen als nötig? Diese allzu menschliche Haltung ist jedoch gefährlich und so ist es wenig überraschend, dass in dieser Phase dann selten die Punkte eingefahren werden, die sonst mit der richtigen Motivation und Leistungsbereitschaft eingefahren worden wären. Fußball ist eben auch ein Spiel, das im Kopf entschieden wird. Zufall, dass unser FC in der letzten Saison immer dann positive Resultate eingefahren hat, wenn er „liefern“ musste? Zufall, dass unser FC „den nächsten Schritt“ durch unerwartete Punktverluste verpasst hat? Ich glaube nicht an Zufälle, sondern eher daran, dass der „nächste Schritt“ deshalb ausgeblieben ist, weil die eigenen Ziele im Laufe der Saison nicht angepasst wurden. Möglicherweise wurde dieser „nächste Schritt“ bewusst von den Verantwortlichen nicht eingeleitet, damit im Falle des Misserfolgs die durchweg positive Entwicklung der letzten Jahre nicht zu früh und ohne Not mit einem Mal aufs Spiel gesetzt wird. Dies war daher absolut nachvollziehbar und sicher auch berechtigt, doch die Spieler haben durch Ihre Fähigkeit im richtigen Moment punkten zu können bewiesen, dass sie mit größerem Druck umgehen können. Ich denke, dass diese Spieler es nun verdient haben sich an höheren Zielen messen zu dürfen und dass man ihnen den „nächsten Schritt“ einfach mal zutraut. Wird der Glaube in die Fähigkeiten der eigenen Spieler dagegen nicht gestärkt, droht ein Rückschritt. Für die kommende Saison wird es m. E. daher sehr wichtig sein, den „nächsten Schritt“ zu definieren und einzuleiten. Der nächste Schritt könnte natürlich in Anbetracht des 9. Platzes zuletzt das Anpeilen eines Europa League-Platzes sein, aber davon wäre abzuraten. Die eigenen Ziele sollten nach Möglichkeit nicht von den Investitionen und den Weiterentwicklungen der restlichen Liga-Konkurrenten abhängig sein. Man sollte primär auf sich selbst schauen und so wäre ein möglicher nächster Schritt das Anpeilen einer höheren Punktemarke. Nach 40 Punkten im ersten und 43 Punkten im zweiten Bundesligajahr, könnten für die kommende Saison 50 Punkte ein realistisches Ziel sein (sofern unser FC durch die neue Transferperiode nicht gezwungen wird wieder bei „Null“ anzufangen). Je nachdem was die Konkurrenz macht können diese 50 Punkte dann für einen Europa League-Platz ausreichend sein oder eben nicht. Dies sollte für den nächsten Schritt aber nicht entscheidend sein. Welche Schlüsse nun auch immer am Geißbockheim aus der letzten Saison gezogen werden, die Spieler scheinen jedenfalls bereit zu sein: Bereit für den nächsten Schritt!

In diesem Sinne,

Come on FC!

4 Kommentare

  1. Alex

    Die 50 will ich noch nicht ausrufen, aber die 44 mit gerne einem + dahinter. 🙂
    Aber egal ob sportlich oder finanziell… es passt seit ein paar Jahren und geht Schritt für Schritt in die richtige Richtung.
    Und zur jetzigen Transferperiode vor der Saison 2016/17 halte ich es so wie auch schon in den letzten Jahren, Ruhig ganz ruhig, denn… ich vertraue unserem gesamten Team. Fieberte ich sonst immer mit, wer kommt, wer geht… zerbrach mir selbst den Kopf, bin ich seit Schmadtke da ist die Ruhe weg. Danke und weiter so, Effzeh!

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    • Kölsche Ziege [philtek]

      Mit 44plus wäre ich auch zufrieden.
      Was die Ruhe angeht. Die hatte ich auch, bis diese Modeste-Nummer kam.
      Jetzt werde ich langsam doch etwas nervös. Beitrag dazu kommt morgen.
      Einen sommerlichen Gruß
      philtek

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Über den Autor

Antonio Bozza (machiavelli14): Geboren am 31. Spieltag 1974, als der FC im Kampf um einen UEFA-Cup-Platz nicht nur 3:1 in Wuppertal gewann, sondern in einer Liga spielte, in welcher Bayer Leverkusen noch nicht auf der Landkarte erschien und es mit dem Stadtrivalen Fortuna Köln einen prestigeträchtigen Absteiger gab. Erstmals im Stadion am 18.09.1982 als einer von 14.000 Zuschauern beim 2:1-Heimerfolg gegen Werder Bremen und seitdem vom FC-Fieber gepackt...

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